Russenärzte und andere Katastrophen...

Ich hab's mal wieder geschafft und musste am Sonntag in die Zahnklinik... Naja, immerhin hab ich einen ganzen Monat im Ausland durchgehalten ohne zum Arzt gehen zu müssen! des is ne gute Quote für mich!!!
Das war am Sonntag, als ich nachts nixmehr schlafen konnt, bzw. gar net geschlafen hab, weil ich so Schmerzen hatte, sondern die ganze Nacht Candy Crush durchgespielt hab, um irgendwie von den Schmerzen abzulenken...
Am nächsten Tag hab ich meinem Buddy, der Olga geschrieben, dass ich es nixmehr aushalte. Gut, sie hat eine Klinik aufgetan, die am Sonntag geöffnet hat und wir sind hingelaufen.. Mein Backen war inzwischen angeschwollen.
Die Klinik war ziemlich modern, überall Flachbildschirme mit Informationen usw., also moderner als in Deutschland... Es waren ziemlich viel angestanden, aber durch meinen Ausländer-Deutschbonus bin ich als erste drangekommen! 3 Zahnärzte ham mich erwartet, alle konnten nur Russisch. Leider kann Olga kaum Englisch, deswegen hat sich die Kommunikation als schwierig erwiesen... egal, der alte Mann hat mich dann untersucht und festgestellt, dass ich ne Zahnfleischentzündung habe und es aufgeschnitten werden muss. na TOLL. Ich hab ne Spritze bekommen, dann hat der rumgestochert in der Wunde, ich hab gedacht, ich dreh durch...
Dann hat der Arzt festgestellt, dass er es lieber nicht jetzt machen sollte, wenn ich noch zu starke Schmerzen hab und die Spritze nicht wirkt. Deswegen musste ich 3 Tage später nochmal kommen und bis dahin fleißig Antibiotika schlucken... es gibt schöneres, als Russenmedikamente zu schlucken sag ich mal....
Am Ende hab ich mir schon ausgemalt, wie teuer diese Untersuchung wohl gewesen sein mag... ich hab mit allem gerechnet, aber nicht mit 1,90€ !!!!
Die Tage darauf saß ich nur im Zimmer rum mit meinen insgesamt 5 Tablettenpackungen, konnt
nixmehr in die Uni, konnte nur schwer essen, usw... Auf jeden Fall bin ich heilfroh, dass ich alles überstanden hab mit mehr oder weniger Schmerzen. Jetzt geht's mir schon wieder besser und das ist die Hauptsache.

Trotzdem gab's letzte Woche auch erfreulichere Dinge, bevor die Zahnschmerzen anfingen.
Wir hatten z.B. am Dienstag einen "Tandem-Abend", wo internationale Studenten + russische Studenten zusammenkamen und wir Kennenlernspielchen gespielt haben und so unseren Tandempartner fanden. Ich hab die Katja und den Mikhail gefunden. Sie wollen beide ihr Deutsch verbessern, und ich mein Russisch. Deshalb ham wir uns getroffen im Café und fleißig gelernt. Ich hab dem guten Mikhail dann noch "dreiviertel" und "fregd" beigebracht, also das wichtigste Vokabular, das man braucht in Deutschla.... äh Franken! Das Treffen war echt schön und es hat auch was gebracht. Wir ham dann auch noch festgestellt, dass Russisch die drittschwerste Sprache der Welt ist.. JUHU! Das hat mich dann endgültig demotiviert...

In der Nacht is zu allem Übel dann noch unsere Decke eingefallen. Da war ma echt kerzergrad im Bett gestanden! Mitten in der Nacht machts an Knall und so Deckenplatten aus Putz fallen auf uns herab. Zum Glück ham se mich verfehlt, aber meine Mitbewohnerin hat ganz schön viel Putzplatten in ihrem Bett liegen... und oben an der Decke prangt ein graues Loch. ETO RUSSIJA!

Außerdem war ich zum ersten Mal im deutsch-russischen Haus in Tomsk. Da war Tag der offenen Tür. War echt interessant!
Vielleicht zur Info: Insgesamt leben im Oblast Tomsk knapp 13.000 Russlanddeutsche. Die meisten kamen – unfreiwillig – 1941 nach Tomsk, als Russlanddeutsche von den Sowjet-Behörden v.a. aus der Wolgaregion und dem Kaukasusgebiet vertrieben wurden.




Soo, und damit hatte ich den ersten Teil der spannenden Woche hinter mir, der zweite folgte zugleich: FRISÖRBESUCH.
Ich war ja ganz guter Dinge, als ich mit Olga zum ersten Mal hin bin. Ich musste mich erst registrieren und hab nen Termin für den Tag darauf bekommen. Da bin ich dann allein hin. War viiielleicht ein Fehler. Ich bin hin, hab mir die Vokabeln rausgesucht und dem Frisörmann (Ja, es war ein Kerl) erklärt, wie ich's haben will. Pony halt vorne kürzer usw.. Alles hat gut geklappt, außer eben dieser Pony. Er schnippelt so vor sich hin und stellt sich vor mir, um mir den Pony zu schneiden. Die Sicht auf den Spiegel war versperrt: Fataler Fehler! Als ich das nächste mal draufgeschaut hab, traf mich der Schlag. Er hat mir wirklich so nen geraden Pony geschnitten, den ich als Kind immer tragen musste (Betonung liegt auf MUSSTE): Ich hab Lena Schuster vor ca. 15 Jahren vor mir gesehen:

GENAU so sah ich aus, nur dass ich net gelacht hab!!

Dann fängt der auch noch an den Pony à la Russen-Style mit dem Fön so aufzubauschen. Dann war's
für mich endgültig vorbei mit der Freundschaft. Da halfen auch die Schüssel voll Süßigkeiten, die man mir hingestellt hat, nicht aus, um den Frieden aufrechtzuerhalten. Ich hab noch ein gepiepstes "Spasibo" (Danke) rausgebracht, aber Trinkgeld gab's keins!!!
Zu allem Überfluss hatte ich direkt danach Russischkurs. Ich bin in die Uni gehetzt, mein Blick starr auf die Toilettentür gerichtet. Bin reingestürmt und hab versucht mit Wasser diesen scheiß Pony weg zu bekommen, bin aber gescheitert. Der aufgepushte Pony war hartnäckig... Schließlich bin ich -mit den Händen am Pony rumfuchtelnd- in die Klasse gekommen und war fertig mit den Nerven. Als dann noch meine Mitbewohnerin vor der Klasse gefragt hat, wies denn beim Frisör gewesen sei (alle Blicke richten sich auf mich) war der Tag für mich endgültig gelaufen...

Eine super Nachricht hab ich letzte Woche in meinem Russischkurs bekommen. Eines Tages kommt ne Frau rein und erzählt auf Russisch, dass in der Stadt Novokuznetsk 3 Deutsche gesucht werden, die einem deutschen Architekten, der da wohl irgendwas kreiert hat, bei der Abendvorstellung assistieren. Meine Aufmerksamkeit war geweckt (leider net nur meine) und ich hab mich gleich gemeldet, dass ich hinwill... ich find des klingt spannend. Am Ende ham sich aber 6 statt 3 gemeldet. Trotzdem hat sich meine Russischprofessorin für mich, Alex (aus Bamberg) und Felix (aus Karlsruhe) entschieden, weil sie meinte, dass wir die besten im Russischkurs sind und deswegen mit dürfen. Das war natürlich spitze, weil ich mit den Jungs super klar komm und wir als Trio einen Megaspaß ham werden. Aber das beste kommt ja noch: Später ham wir dann erfahren, was uns alles erwartet: Es wird für uns komplett alles bezahlt!! Für 3 Tage fahren wir da mit dem Bus (nur 12 Stunden Fahrt, und jaaa, ich hab in Russland ein anderes Gefühl, was Entfernung betrifft) nach
Novokuznetsk, werden direkt von der Veranstalterin + eigens für uns bestellten Dolmetscher abgeholt und ins Hotel gebracht! Danach folgt eine extra für uns organisierte Stadtführung und am Tag darauf wird dann wohl diese Gala sein. Schick machen müss ma uns natürlich auch. Zum Glück hab ich ein schickes Kleid, was noch fehlt sind hohe Schuhe (ist Pflicht in Russland). Ich bin schon total gespannt, nächste Woche am Mittwoch geht's schon los ins Abenteuer!! Wir fühlen uns wie Stars irgendwie!

In der Universität läuft auch alles ziemlich gut: Letzten Donnerstag hatte ich meinen ersten Test in Finanzmanagement. Eigentlich hab ich's ja net so mit Zahlen und Finanzen, aber wohl irgendwie schon. Wir sind zu acht und nachdem wir den Test geschrieben haben, hat der Lehrer gleich korrigiert. Ich war die Beste, obwohl ich Finanzmanagement noch nie in der Uni hatte, im Gegensatz zu den anderen. Hab mich echt gefreut, sogar der Lehrer meinte: "Wow, Lena Schuster is doing very well!"
In World Economics mussten die Woche noch andere ne Präsentation halten... Des war SO lustig! Der Mexikaner Daniel (der, der in Deutschland sein Auslandssemester macht und in Tomsk jetzt sein Auslandssemester im Auslandssemester macht!) hat sich eingebildet, die Power Point Präsentation (über World Bank) unbedingt in russisch machen zu müssen. Anmerken sollte man vielleicht, dass Daniel außer "Priwjet" (Hallo), "Poka" (Tschüss) und "Dawai dewotschka w kuchnje" (Los Mädchen ab in die Küche, vorzugsweise sagt er das zu mir, weil er noch nie selbst hier gekocht hat, geschweige denn überhaupt wusste, dass es hier eine Gemeinschaftsküche gibt und immer will, dass ich für ihn koche) ca. gar nichts kann und im Anfängekurs sitzt.
Daniel stand dann mit seiner coolen mexikanischen Lockerheit vor uns und hat irgendwie versucht diese kyrillischen Zeichen abzulesen. Es war unglaublich lustig, der Prof hat sich so geschmissen!
Am Ende meinte einer nur so: "Und was war jetzt das Thema?"

Die Atmosphäre in den "Vorlesungen" is eh sehr gut. Die Profs machen immer Pause zwischen den 90 min., man redet alle mit Vornamen an (diese langen russischen Nachnamen kann sich eh keine Sau merken) und macht neben Unterricht noch viele anderen lustigen Sachen. Einmal hat unser Prof die Panorama-Funktion seines Handys erklärt und wir ham 10 min Panoramabilder vom Klassenraum gemacht. Schon ziemlich locker hier, es sind eh immer nur 3-10 Leute in einem Kurs, des macht das ganze noch familiärer. Ich schreib zur Zeit auch immer mit meiner Russischlehrerin hin und her, mit Smileys und allem drum und dran. Sowas würde in Deutschland NIE gehen!
Am Mittwoch war ne Feier organisiert vom Buddy Building Club (also vom internationalen Club der Uni für ausländische Studenten) und es war sehr lustig. Leider konnte ich nix trinken (oder vielleicht sogar zum Glück) wegen den Antibiotika, am Ende waren jedenfalls alle hackedicht und ich konnt mich über alle lustig machen. Bilder vom Abend:
Links Ha (aus Vietnam), ich, Moritz, Marvin, Alex und der Tscheche Thomas

Sveta (Svetlana aus Jakutsk), Alex, ich
Pläne für die nächsten Tage:
1. Dicke Socken kaufen (Heute hat es zum ersten Mal richtig geschneit!!!!!!!!)
2. Am Sonntag ins Stalin Museum gehen
3. Morgen mit meinem russischen Tandem Partner treffen und zusammen lernen
4. Mir überlegen, welches "typisch deutsche" Gericht ich dem Ha aus Vietnam kochen werde, weil er für uns am Sonntag kochen wird.
5. Hoffen, dass mein Paket (das mir die Mama extra geschickt hat, danke nochmal!) in Tomsk ankommt, bevor ich wieder abreise!

Poka und schöne Grüße ins warme Deutschland!

Lena


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