Von der unbekannten Studentin zur Kulturspezialistin im Fernsehen...
Der Aufenthalt in Novokusnetsk war glaub ich das coolste Abenteuer meines Lebens!
In so kurzer Zeit so bekannt zu werden, schafft ma halt nur im Land der unbegrenzten MöglichkeitenAmerika Russland!
Mittwoch Abend ging die Reise los. Um 10 Uhr abends ging's mit dem Taxi mit 90km/h und unangeschnallt durch die Stadt bis zum Busbahnhof. Das war schonmal ein Abenteuer für sich.
Dann sind wir (Felix, Alex, ich) in den modernen Bus gestiegen und ham die lange Fahrt nach Novokusnetsk (Stadt im Süden Russland, nicht allzu weit von der kasachischen und mongolischen Grenze entfernt) auf uns genommen:
Wir sind über Nacht gefahren und früh um 5 Uhr in Novokusnetsk angekommen. So ziemlich keiner hat schlafen können, der Bus war zwar super modern, aber die Straßen in total schlechtem Zustand...
Am Busbahnhof in Novokusnetsk wurden wir von einer Mitarbeiterin abgeholt und ins Hotel gebracht. Wir hatten eine Suite à la russian-style! War ziemlich hoher Standard für russische Verhältnisse...
Unsere Zimmer waren alle mit Flachbildschirm ausgestattet, riesengroß und sehr sauber. Wir waren schonmal begeistert. Die Jungs ham dann noch Bier getrunken, um besser einschlafen zu können und dann sin wir um ca. 6 Uhr früh ins Bett gegangen. Durften aber nur bis 9 schlafen, weil's dann Frühstück gab. Nachdem wir die ganze Küche durch die Gegend gescheucht ham, die uns immer wieder neue Gänge brachten, ham wir dann unsere Dolmetscherin im Hotel getroffen.
Sie sollte uns nochmal auf alles vorbereiten und uns erzählen, was auf uns kommt:
Vor etlichen Jahren hat ein deutscher Architekt Ernst May einen Plan zum Bau von Sozialwohnungen in Novokusnetsk entworfen und erfolgreich umgesetzt. Die Häuser waren so angeordnet, dass in der Mitte von jeder Wohnsiedlung ein Park war, wo sich die Leute treffen konnten und zusammen feierten. Außerdem war jede Wohnung gleich eingerichtet und sehr billig, sodass sich es auch die armen Leute leisten konnte. Diese Wohnungen sollen nun renoviert werden, weil die total runtergekommen sind. Dazu braucht die Stadt Novokusnetsk aber föderale Mittel, die sie nur bekommt, wenn das Event so groß wie möglich in der Presse steht und so wichtig wie möglich gemacht wird. Und jetzt kommen wir ins Spiel. Wir sind ja extra aus Deutschland angereist, um an diesem Projekt teilzuhaben!
Und dann ging's los: Uns hat der Organisator vom Projekt abgeholt und zu den Siedlungen gefahren. In dem Park wurde nämlich eine neue Statue eingeweiht und zu diesem Anlass sind wir eingeladen worden, um diesem Projekt ordentlich Nachdruck zu verleihen.
Im Auto wurden uns gefakete Ausweise gegeben + 5€ Schein, weil wir erst gestern mit dem Flugzeug hier ankamen und es noch nicht geschafft ham, Geld zu wechseln...
Dann ging's weiter zur Eröffnung des Parks. Dort wurden wir schon von einem Komitée empfangen, die uns nach russischer Tradition einen Kuchen gebacken haben und wir symbolisch ein Stück abgebrochen und gegessen haben.
Der Bürgermeister der Stadt hat mich dann noch begrüßt und gefragt, in welcher Organisation ich arbeite. Ich habe gekonnt geantwortet: Ich bin bevollmächtigte Stellvertreterin (erfunden) unserer Organisation zur Erforschung des Erbes von Ernst May (erfunden).
Danach ging's weiter zum Souvenir kaufen. Und jetzt kamen unsere 5€ Scheine ins Spiel. Natürlich wollten wir alle drei gleich ein Souvenir mitnehmen, nur leider hatten wir nur Euro dabei, weil wir nicht dazu kamen, Geld umzutauschen. Glücklicherweise hat die Tasse, die ich mir ausgesucht habe, genau 5 € gekostet! Was für ein toller Zufall!
Danach hat der Bürgermeister ein paar Worte gewechselt, u.a. dass er sich bedankt, dass wir extra gekommen sind usw.. dann wurde die neue Statue vom Park eingeweiht und die Show begann. (Meine Amateuraufnahmen:)
Danach kamen schon die Reporter zu uns und wollten Interviews... Da mein Wikipedia-Wissen nicht für viele Fragen ausgereicht hätte, hab ich den Jungs den Vortritt gelassen. Es wurde gelogen, was das Zeug hält, und wenn man ne Frage gar net wusste, wurde einfach über was ganz anderes geredet, hauptsache es hört sich auf irgendeine Weise professionell an.
Am Ende gings dann ab ins Hotel, umziehen und schick machen für den großen Auftritt im Fernsehstudio!
Dann sind wir losgefahren zum Studio. Die Nerven lagen blank. Mein Fake-Profil wies einige Lücken auf und nach den 2 Stunden Schlaf schwand mein Wikipedia Wissen nur so dahin:
Dann kamen wir in so ein Studio und mussten uns an das Pult setzen. Ein Mitarbeiter hat mir Mikrofone angesteckt und ich musste probeweise was sagen... Als die Moderatorin auf Russisch meinte, dass wohl meine Haare im Weg sind und ich automatisch die Haare weggemacht hab, hat sie doof geguckt, weil eigentlich versteh ich ja kein Russisch. Das war eigentlich so das schwierigste an der Sache. Man versteht fast alles, aber man darf es nicht verstehen geschweige denn reden.. Und dann auch noch lügen... ohje. Ich war net gerade frohen Mutes, als die ersten Fragen auf mich herabprasselten... Die Dolmetscherin meinte dann noch zu mir, ich muss UNBEDINGT den Namen vom Bürgermeister erwähnen, damit er in ein gutes Licht gerückt wird.. jaaa so läuft es hier, es geht nur um Macht und Geld...
Irgendwie hab ich's geschafft, halbwegs ordentliche Antworten auf die Fragen zu geben... Bei der Frage, welche Denkmäler es in Deutschland von Ernst May gibt, hab ich nen Ernst-May-Platz in Frankfurt am Main erfunden.. was soll's
30 Minuten hat sie uns insgesamt ausgequetscht... ich hoffe, dass wir net aufgeflogen sind... aber nachher waren wir die glücklichsten Menschen der Welt. Der Organisator war begeistert von uns, die Dolmetscherin auch, es war der Wahnsinn!
Und danach kam der entspannte Teil des Nachmittags. Erstmal wurden wir in ein nobles, italienisches Restaurant ausgeführt und uns wurde komplett alles bezahlt.
Dabei hatten wir auch die Gelegenheit die Stadt etwas näher kennenzulernen. Bis jetzt wusste ich nur aus Wikipedia, dass die Stadt ca. 500.000 Einwohner hat und die verschmutzteste Stadt Russlands ist wegen der Industrie. Ich hab mich gefühlt wie in einer Zeitreise. Es sah alles aus wie in der DDR in den 70ern schätz ich jetzt mal:
Danach hat uns der Pavel (also der Leiter) überall rumgefahren, wo wir wollten. Zuerst ham wir uns nochmal angeschaut, für was wir eigentlich gelogen haben...Diese Bauten, die vom Architekten Ernst May entworfen wurden sahen jetzt nicht besonders special aus, aber renovierbedürftig. Die ham versucht durch Malereien von den grauen, öden Gebäuden abzulenken. Sah irgendwie interessant aus...
Dann sind wir zum Panzermuseum gefahren und zum Kriegerdenkmal:
Des hat so nach Schwefel gestunken, des war der Wahnsinn... Spätestens da wussten wir, dass die Stadt zurecht den Namen der verschmutztesten Stadt Russlands trägt...
Am Ende unserer Stadtrundfahrt sind wir hoch auf die Festung gefahren. Da Novokusnetsk nah an der Grenze Russlands liegt wurde früher eine Festung zur Verteidigung der Stadt gebaut.
Von da oben hat man eigentlich nur Smog und Schornsteine gesehen:
Abends sind wir noch einmal essen gegangen und ham wieder Gänge über Gänge bestellt.. Am Ende ham wir noch mit nem Wodka angestoßen und sind von Pavel zum Busbahnhof gebracht worden.
Insgesamt kann ich sagen, dass die Zeit in Novokusnetsk so ziemlich die geilste Zeit war, die ich je hatte. Was besseres hätte mir nicht passieren können...
So eine Möglichkeit bekommt man nicht überall und jetzt bin ich noch mehr davon überzeugt, dass das Auslandssemester im fernsten Sibirien die beste Wahl war, die ich treffen konnte. Was nützt mir ein Auslandssemester in Europa, wo es zwar net so kalt wird, dafür aber 1000 mal langweiliger?
Müde aber überglücklich sind wir am nächsten Morgen in Tomsk angekommen und ins Bett gefallen. Im Russisch Unterricht ham wir uns dann schonmal die ersten Clips und Artikel der TV-Sender über uns angeschaut... zum SCHREIEN! Nächste Woche wird dann wohl das große Fernsehinterview mit uns online sein und ich werde euch den Link auf den Blog stellen!
hier ein Ausschnitt:
"делегация немецких культурологов приехала на открытии парка. Специалисты из Германии занимаются изучением наследия архитектора Эрнста Мая."
("Die deutsche Delegation der Kulturologie kam zur Eröffnung des Parkes. Die Spezialisten aus Deutschland beschäftigen sich mit dem Erbe von Ernst May.")
Ich find's ja ziemlich nett, dass ich innerhalb von einem Tag vom Studenten zur Spezialisten im Bereich der Kulturologie aufgestiegen bin, schade, dass ich das nicht in meinem Lebenslauf erwähnen kann, so ne kurze Ausbildung schafft nicht jeder!!
In diesem Sinne,
bis bald!
apl. Prof. Dipl.-Kult. Lena Schuster
In so kurzer Zeit so bekannt zu werden, schafft ma halt nur im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Mittwoch Abend ging die Reise los. Um 10 Uhr abends ging's mit dem Taxi mit 90km/h und unangeschnallt durch die Stadt bis zum Busbahnhof. Das war schonmal ein Abenteuer für sich.
Dann sind wir (Felix, Alex, ich) in den modernen Bus gestiegen und ham die lange Fahrt nach Novokusnetsk (Stadt im Süden Russland, nicht allzu weit von der kasachischen und mongolischen Grenze entfernt) auf uns genommen:
Tomsk - Novokusnetsk |
Am Busbahnhof in Novokusnetsk wurden wir von einer Mitarbeiterin abgeholt und ins Hotel gebracht. Wir hatten eine Suite à la russian-style! War ziemlich hoher Standard für russische Verhältnisse...
Zimmer von Felix & Alex |
Hochglanzbad |
mein riesiges Rosenzimmer |
Sie sollte uns nochmal auf alles vorbereiten und uns erzählen, was auf uns kommt:
Vor etlichen Jahren hat ein deutscher Architekt Ernst May einen Plan zum Bau von Sozialwohnungen in Novokusnetsk entworfen und erfolgreich umgesetzt. Die Häuser waren so angeordnet, dass in der Mitte von jeder Wohnsiedlung ein Park war, wo sich die Leute treffen konnten und zusammen feierten. Außerdem war jede Wohnung gleich eingerichtet und sehr billig, sodass sich es auch die armen Leute leisten konnte. Diese Wohnungen sollen nun renoviert werden, weil die total runtergekommen sind. Dazu braucht die Stadt Novokusnetsk aber föderale Mittel, die sie nur bekommt, wenn das Event so groß wie möglich in der Presse steht und so wichtig wie möglich gemacht wird. Und jetzt kommen wir ins Spiel. Wir sind ja extra aus Deutschland angereist, um an diesem Projekt teilzuhaben!
Und dann ging's los: Uns hat der Organisator vom Projekt abgeholt und zu den Siedlungen gefahren. In dem Park wurde nämlich eine neue Statue eingeweiht und zu diesem Anlass sind wir eingeladen worden, um diesem Projekt ordentlich Nachdruck zu verleihen.
Im Auto wurden uns gefakete Ausweise gegeben + 5€ Schein, weil wir erst gestern mit dem Flugzeug hier ankamen und es noch nicht geschafft ham, Geld zu wechseln...
kompletter Fake. LENA SHCUSTER! |
Der Bürgermeister der Stadt hat mich dann noch begrüßt und gefragt, in welcher Organisation ich arbeite. Ich habe gekonnt geantwortet: Ich bin bevollmächtigte Stellvertreterin (erfunden) unserer Organisation zur Erforschung des Erbes von Ernst May (erfunden).
Danach ging's weiter zum Souvenir kaufen. Und jetzt kamen unsere 5€ Scheine ins Spiel. Natürlich wollten wir alle drei gleich ein Souvenir mitnehmen, nur leider hatten wir nur Euro dabei, weil wir nicht dazu kamen, Geld umzutauschen. Glücklicherweise hat die Tasse, die ich mir ausgesucht habe, genau 5 € gekostet! Was für ein toller Zufall!
Danach hat der Bürgermeister ein paar Worte gewechselt, u.a. dass er sich bedankt, dass wir extra gekommen sind usw.. dann wurde die neue Statue vom Park eingeweiht und die Show begann. (Meine Amateuraufnahmen:)
Danach kamen schon die Reporter zu uns und wollten Interviews... Da mein Wikipedia-Wissen nicht für viele Fragen ausgereicht hätte, hab ich den Jungs den Vortritt gelassen. Es wurde gelogen, was das Zeug hält, und wenn man ne Frage gar net wusste, wurde einfach über was ganz anderes geredet, hauptsache es hört sich auf irgendeine Weise professionell an.
Am Ende gings dann ab ins Hotel, umziehen und schick machen für den großen Auftritt im Fernsehstudio!
kurz im Hotel schick machen |
nervös vor dem Interview |
Irgendwie hab ich's geschafft, halbwegs ordentliche Antworten auf die Fragen zu geben... Bei der Frage, welche Denkmäler es in Deutschland von Ernst May gibt, hab ich nen Ernst-May-Platz in Frankfurt am Main erfunden.. was soll's
30 Minuten hat sie uns insgesamt ausgequetscht... ich hoffe, dass wir net aufgeflogen sind... aber nachher waren wir die glücklichsten Menschen der Welt. Der Organisator war begeistert von uns, die Dolmetscherin auch, es war der Wahnsinn!
Von links: Moderatorin, Pavel (Leiter des Projekts), ich, Alex und die Dolmetscherin |
glücklich und erleichtert nach unserem großen Auftritt |
Von links: Dolmetscherin, Felix, Mitarbeiterin von Pavel, Alex, ich |
Danach hat uns der Pavel (also der Leiter) überall rumgefahren, wo wir wollten. Zuerst ham wir uns nochmal angeschaut, für was wir eigentlich gelogen haben...Diese Bauten, die vom Architekten Ernst May entworfen wurden sahen jetzt nicht besonders special aus, aber renovierbedürftig. Die ham versucht durch Malereien von den grauen, öden Gebäuden abzulenken. Sah irgendwie interessant aus...
Dann sind wir zum Panzermuseum gefahren und zum Kriegerdenkmal:
Des hat so nach Schwefel gestunken, des war der Wahnsinn... Spätestens da wussten wir, dass die Stadt zurecht den Namen der verschmutztesten Stadt Russlands trägt...
Am Ende unserer Stadtrundfahrt sind wir hoch auf die Festung gefahren. Da Novokusnetsk nah an der Grenze Russlands liegt wurde früher eine Festung zur Verteidigung der Stadt gebaut.
Von da oben hat man eigentlich nur Smog und Schornsteine gesehen:
Bin sogar zu klein, um über die Mauer zu schauen!!! |
Es hatte Minusgrade und mir war arschkalt. Aber es hat sich alles gelohnt! |
Insgesamt kann ich sagen, dass die Zeit in Novokusnetsk so ziemlich die geilste Zeit war, die ich je hatte. Was besseres hätte mir nicht passieren können...
So eine Möglichkeit bekommt man nicht überall und jetzt bin ich noch mehr davon überzeugt, dass das Auslandssemester im fernsten Sibirien die beste Wahl war, die ich treffen konnte. Was nützt mir ein Auslandssemester in Europa, wo es zwar net so kalt wird, dafür aber 1000 mal langweiliger?
Müde aber überglücklich sind wir am nächsten Morgen in Tomsk angekommen und ins Bett gefallen. Im Russisch Unterricht ham wir uns dann schonmal die ersten Clips und Artikel der TV-Sender über uns angeschaut... zum SCHREIEN! Nächste Woche wird dann wohl das große Fernsehinterview mit uns online sein und ich werde euch den Link auf den Blog stellen!
hier ein Ausschnitt:
"делегация немецких культурологов приехала на открытии парка. Специалисты из Германии занимаются изучением наследия архитектора Эрнста Мая."
("Die deutsche Delegation der Kulturologie kam zur Eröffnung des Parkes. Die Spezialisten aus Deutschland beschäftigen sich mit dem Erbe von Ernst May.")
Ich find's ja ziemlich nett, dass ich innerhalb von einem Tag vom Studenten zur Spezialisten im Bereich der Kulturologie aufgestiegen bin, schade, dass ich das nicht in meinem Lebenslauf erwähnen kann, so ne kurze Ausbildung schafft nicht jeder!!
In diesem Sinne,
bis bald!
apl. Prof. Dipl.-Kult. Lena Schuster